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Nicht tatenlos zuschauen – WM-Boykott jetzt!

Balkenwaage in welcher Geld mehr wiegt als der WM-Pokal.

In einer Woche beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Das größte und beliebteste Sportereignis der Welt soll im Idealfall eine Bühne für den Spitzensport bieten und Menschen auf der ganzen Welt miteinander verbinden. Dieses Potenzial konnte die Weltmeisterschaft in den letzten Jahrzehnten immer wieder entfalten, so zum Beispiel im Sommer 1990 in Italien oder während des „Sommermärchens“ 2006 in Deutschland. Diese Fassade hat jedoch in den letzten Jahren tiefe Risse bekommen. Zunehmend steht nicht der Sport im Mittelpunkt, sondern reiner Kommerz. Somit ist es wenig verwunderlich, dass der internationale Fußballverband FIFA von einem Korruptionsskandal in den nächsten stolpert.

Entgegen internationaler Kritik wird die Ausrichtung der WM immer wieder an Länder vergeben, die sich erhebliche Menschenrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen. Problematisch waren in diesem Kontext unter anderem schon die WM 1978 in Argentinien zu Zeiten der Militärjunta oder aber die WM 2018 in Russland. Diese besorgniserregende Entwicklung gipfelt nun in der WM-Vergabe nach Katar, das sich die Austragung des Turniers durch Druck und Bestechung gesichert hat. Somit findet die Fußball-Weltmeisterschaft dieses Jahr in einem Land statt, das massiv gegen Menschenrechte verstößt, Arbeitskräfte unmenschlich behandelt und LGBTQI*und Frauen massiv diskriminiert. Seit 2017 steht in den Statuten der FIFA, dass sie sich zur Einhaltung aller international anerkannten Menschenrechte bekenne und sich für den Schutz dieser Rechte einsetzen würde. Trotz dieses Bekenntnisses handelt die FIFA konträr und vergibt Meisterschaften an Staaten wie Katar.

Tägliche Diskriminierung von LGBTQI* und Frauen*

Äußerungen des früheren katarischen Fußball-Nationalspielers sowie WM-Botschafter Khalid Salman, in denen er Homosexualität als Sünde und „geistigen Schaden“ bezeichnet, bestätigen die tiefgreifende Diskriminierung nicht-heterosexueller Menschen in Katar. Weiterhin stehen diese Äußerungen beispielhaft für die generelle, LGBTQI*-feindliche Grundhaltung des Regimes in Katar. Denn: Homosexualität ist in Katar strafbar und kann mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Nach offiziellen Angaben des Emirates und der FIFA seien zur Weltmeisterschaft in Katar zwar alle Menschen, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung, willkommen. Solche Äußerungen und der tägliche Umgang mit LGBTQI* im Emirat sind allerdings alles andere als einladend. Wir widersprechen diesen Äußerungen ausdrücklich. Für uns ist klar: Liebe zwischen erwachsenen Menschen kann niemals Anzeichen für geistigen Schaden und erst recht kein Verbrechen sein!

Zwar werden bei der WM dieses Jahr zum ersten Mal Schiedsrichterinnen eingesetzt, jedoch steht es um die Rechte von Frauen in Katar sehr schlecht. Frauen bedürfen bei vielen Dingen oft der Zustimmung eines männlichen Vormunds. Auch werden bestimmte Straftaten, wie Vergewaltigungen, nur unter erschwerten Umständen verfolgt und in vielen Fällen das Opfer zur Täterin degradiert. Das widerspricht der Gleichstellung der Geschlechter, zu der sich auch Katar verpflichtet hat. Wir weisen in diesem Zusammenhang auch die Äußerungen des WM-Botschafters zurück, der in einem ZDF-Interview Frauen mit Schokoriegeln verglichen hat.

Keine Toten für sportliche Unterhaltung!

Große Betroffenheit löst auch die Situation der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, welche die Fußballstadien in Katar unter widrigsten Bedingungen errichtet haben, bei uns aus.

So häufen sich die Berichte von Gastarbeiter:innen, die um Teile ihres ohnehin schon schlechten Lohnes gebracht wurden oder aber erpresserische Vermittlungsgebühren entrichten mussten, um ihre Arbeit überhaupt erst aufnehmen zu können. Oftmals erhielten die Arbeiter:innen während der Bauarbeiten zu wenig Nahrung und Wasser, wurden in viel zu kleinen Unterkünften zusammengepfercht und sahen sich fast schon sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen in einer lebensfeindlichen Umgebung ausgesetzt, denen sie nicht mehr entkommen können, da sie vollkommen abhängig von den Arbeitgebern und an diese gebunden sind. Unzählige dieser Gastarbeiter:innen wurden während der Bauarbeiten verletzt oder mussten unter noch ungeklärten Umständen gar ihr Leben lassen. Berichten zufolge wusste die FIFA um die Situation der Gastarbeiter:innen in Katar Bescheid und ignorierte diese. Wir können und wollen das nicht ignorieren. Jede:r Tote für den Stadienbau ist eine:r zu viel!

Auch Sport ist politisch!

Angesichts der massiven Kritik an der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 plädiert die FIFA den Sport, statt die politische Debatte in den Mittelpunkt des Turniers zu stellen. Daher untersagte sie der dänischen Nationalmannschaft die Botschaft “Human Rights for All” auf ihren Trikots zu tragen. Hiermit versucht die FIFA, die zurecht negative mediale Präsenz durch schlechte Narrative und Simplifizierungen zu verleugnen. Weiterhin soll die WM so als etwas unpolitisches dargestellt werden. Ein Turnier, bei dem 32 Nationen unter globaler Aufmerksamkeit gegeneinander antreten, kann aber nie unpolitisch sein. Ebenso wenig gilt dies für gesellschaftliche Vorbildfunktionär:innen wie Fußballprofis, die aufgrund ihrer medialen Reichweite einen erheblichen Einfluss , vor allem auch auf junge Menschen haben. Die nachweislichen Menschenrechtsverstöße sind nicht zu ignorieren. Daher findet die politische Debatte über die WM spätestens beim Leid der ersten Arbeiter:in und Diskriminierten ihre Rechtfertigung. Insbesondere, wenn dieses Leid aus rein kommerziellen Zwecken geschieht. Neben den Geschehnissen rund um die Organisation dieser Weltmeisterschaft ist ebenfalls klarzustellen, dass man hier einem Land eine Bühne bietet, welches nachgewiesenermaßen Terrororganisationen unterstützt und finanziert, um eigene Interessen voranzubringen.

WM-Boykott jetzt!

Im Gegensatz zur FIFA setzen wir uns deshalb für einen politischen Diskurs über die WM in Katar ein und appellieren dabei an die Moral des Einzelnen. Die WM verbindet Menschen weltweit und gerade aus diesem Grund ist es wichtig, sich mit den Betroffenen zu solidarisieren. Wir rufen alle dazu auf, sich entschieden gegen die LGBTQI* und Frauen-feindlichen Äußerungen und Handlungen des Emirates zu stellen. Jede:r Zuschauer:in dieser WM, jeder gekaufte Merchandise-Artikel, jedes gekaufte Stadionticket ist eine weitere Bestätigung für die FIFA, derartige Menschenrechtsverstöße und LGBTQI*-Diskriminierungen weiterhin zu untermauern und zu tolerieren. Wir rufen daher alle unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 auf.

Das heißt für uns: Haltung zeigen. Kein Merchandise. Kein Zuschauen. Kein Tolerieren.

Unterzeichner:innen:

Die Juso-Kreisverbände: Konstanz, Alb-Donau, Biberach, Böblingen, Bodensee, Enzkreis-Pforzheim, Esslingen, Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Ludwigsburg, Main-Tauber, Mannheim, Potsdam-Mittelmark, Rastatt-Baden-Baden, Ravensburg, Rottweil, Schwarzwald-Baar, Ulm, Zollernalb